OZ Zwischen Usedom und Uznam
„Wenn der Verstand schläft, wachen die Dämonen auf“. Mit diesen Worten skizzierte der Swinemünder Stadtsekretär Dariusz Wojcieszek die aktuellen Risiken im deutsch-polnischen Verhältnis auf der Insel Usedom. Auf einer dreitägigen Tagung in der Jugendbegegnungsstätte Golm stellten zwölf Experten aus beiden Ländern ihr Wissen über die Grenze auf Usedom zur Diskussion.
Der Warschauer Historiker Prof. Kazimierz Wóycicki unterstrich, dass die Konferenzen von Jalta und Potsdam im Jahre 1945 in Polen bis heute als Verrat interpretiert werden. Die Westalliierten akzeptierten Stalins Drang nach Westen, nahmen die Westverschiebung und Degradierung Polens, des ersten Kriegsopfers Deutschlands, zum sowjetischen Vasallenstaat in Kauf. Die Vertreibung von Millionen Deutschen und Polen war die Konsequenz. Mochten Briten und Amerikaner die Übergabe der Gebiete östlich der Oder an Polen auch als faire Kompensation interpretieren, so ging vor allem Stalins Rechnung auf: Durch ein größeres und kommunistisches Polen schob er seinen direkten Machtbereich bis zur Oder vor. Der Journalist Bernd Aischmann aus Crivitz zeigte, wie sich die weltpolitische Lage auf Usedom auswirkte.
Die Grenzziehung direkt westlich von Swinemünde existierte seit Juli 1944 in den Planungen der Alliierten und wurde Ende Juli 1945 auf der Potsdamer Konferenz beschlossen. Die polnische Verwaltung übernahm am 6. Oktober 1945 um 17 Uhr die Stadt Swinemünde. Für eine Friedenskonferenz über die Zukunft Deutschlands, die in Potsdam in Aussicht gestellt worden war, gab es von polnischer Seite danach mehrere diplomatische Vorstöße, den Grenzverlauf weiter nach Westen zu verschieben. Verschiedene Entwürfe sahen die polnische Westgrenze entlang der Peene bis nach Greifswald hin, andere eine Demarkationslinie auf Usedom auf einer Linie westlich von Bansin beginnend und zwischen Dargen und Görke das Haff erreichend.
In Moskau fanden solche polnischen Begehrlichkeiten keine Beachtung. Als im Dezember 1947 die USA und die Sowjetunion in London die Gespräche über ein vereinigtes Deutschland abbrachen und damit auch der Plan einer Friedenskonferenz scheiterte, deutete sich an, dass die Grenze auf Usedom Bestand haben würde. Der Vertrag von Görlitz zwischen der DDR und Polen manifestierte 1950 den bestehenden Grenzverlauf. Eine letzte kleine Korrektur gab es, als 1951 die „Nase“ östlich von Korswandt entstand und die DDR das Swinemünder Wasserwerk östlich des Wolgastsees an Polen übergab.
Die gut 50 deutschen und polnischen Tagungsteilnehmer analysierten die Details der Grenzentstehung und der Grenzrealitäten auf Usedom vor und nach 1989. Schließlich ging es um konkrete Perspektiven der Region Usedom-Wollin wie Bildung oder die Bahnstrecke nach Berlin, die geeignet sein könnten, gegenwärtig noch bestehenden Grenzen in den Köpfen zu überwinden. Stalins Kalkül, dass die Oder-Neiße-Grenze und Vertreibungen Deutsche und Polen auf ewig entzweien werde, darf, darüber herrschte Konsens, keinesfalls aufgehen.
